Mit diesem Brief an den Commodore von Trans-Ocean wollten wir

zu einem unserer Ansicht nach kurzsichtigen Bericht über Venezuela

Stellung beziehen. Der Brief wurde ungekürt veröffentlicht.

 

 

Standort am: 2.2.1997, Marcos Marina, Panama

 

Lieber Herr Bellmer, liebe TO-Mitarbeiter!

 

Nach Fertigstellung und Versand meines Berichts über Venezuela, ABC-Inseln und San Blas habe ich heute von Markus die TO-Zeitschrift Januar 1997 zum Lesen bekommen. Der darin enthaltene Bericht über die Sicherheitssituation in Venezuela veranlaßt mich zur folgenden Stellungnahme:

 

Bericht:

Sicherheit in Venezuela sowie kleinen Antillen

Karl H. Helesic und Ute Riewesell, MANA, Länge 13,98, Tiefgang 1,60,

Markus Marina, Panama, Nähe Colon, Februar 1997

 

 

 

Eben habe ich den Bericht von Berd-Jörg Neubauer über die Sicherheits­situation in Venezuela gelesen, weil Markus das neue TO-Heft gerade per Post erhalten hatte. Im Prinzip hat Herr Neubauer mit seinen Ausführung den Nagel auf den Kopf getroffen, andererseits aber die Venezulaner  zu pauschal verurteilt. Das Volk verarmt in einem Maße, wie sich das ein Wohlstands­bürger (und dazu gehören auch wir Segler, egal wie viel Geld einer pro Monat ausgeben kann) kaum vorstellen kann. Die Preise klettern unaufhörlich, es gibt keine Arbeit, wovon leben? Nicht das ich die Diebstähle verniedlichen oder gar die Diebe in Schutz nehmen wollte. Aber die Mehrzahl der Venezulaner sind sehr nette Menschen, hilfsbereit und ehrlich. Wir waren über sieben Monate in Venezuela, auch im Landesinneren. Nur einmal erlebten wir eine Situation auf Klein Tortuga, die am Rande eines Diebstahlversuches war. Unsere Alarman­lage hat wahrscheinlich die Tat verhindert. Wo immer wir uns aufhielten, ob Puerto La Cruz, Cumana, Porlamar, Porto Cabello, nie hatten wir das Gefühl, von Räubern umgeben zu sein. Es fällt aber auf, daß viele Touristen, auch Segler, mit ihrem auffälligen Verhalten die existierende Unterwelt geradezu herausfordern. Wir tragen nie Schmuck, haben weder Video- noch Fotoaus­rüstung dabei, sind nicht wie Touristen (in Shorts) gekleidet und bewegen uns stets nur auf belebten Straßen. Dort sind wir genauso vorsichtig und aufmerk­sam wie auf einer belebten Straße in Deutschland, denn auch dort ist Taschen- und sonstiger Diebstahl allgegenwärtig. Wir haben über Dritte und Vierte von vielen Diebstählen und Raubüberfällen gehört. Aus erster Hand allerdings nur ein einziges Mal! Was man alles über Versionen über die Visapflicht, Ein- und Ausklarieren hört, würden Bände füllen. Wir haben nichts Negatives erlebt. Jeder Segler erzählt etwas anderes. Tatsache ist, daß wir im November 96 mit abgelaufenem Visum nach Cumana in die Werft gingen und keinerlei Probleme hatten. Manchmal muß man sich einfach ein bißchen hilflos stellen und nicht gleich auf die Pauke hauen, und schon wird alles weniger heiß gegessen. Was nun genau Sache ist, weiß offensichtlich niemand. Wir waren auch auf Los Roques, wo uns alle sagten, daß wir dort höchstens 2 Tage bleiben dürften, wenn wir schon international ausklariert hätten. Wir durften (ohne Schmier­geld) 14 Tage bleiben. Laßt Euch nicht verrückt machen. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Das gilt im zunehmenden Maße auch für Deutsch­land, erst recht für Länder, wo breiteste Bevölkerungsschichten am nahe am verhungern sind. Und wenn man so hört, was auf San Lucia, Grenada und den sonstigen Antilleninseln in Sachen Kriminalität los sein soll, braucht niemanden vor Venezuela bange werden. Und was ist in Trinidad. Sind dort nicht auch viele Geschäfte, selbst Mitten in der Stadt, vergittert?                                                                                 Ende

Zurück zur Startseite/Inhaltsverzeichnis TO