Ibiza bis Martinique mit Atlantiküberquerung

geschrieben am 27.2.1995 in  Fort de France, Martinique, Karibik

 

Inhalt:     Start Ibiza über Gibraltar, Tanger zu den Kanarischen Inseln. Atlantiküberquerung, Barbados und St. Lucia (Kurzaufenthalt) 

                bis Ankunft Martinique.

 

Am 2.11.94 starteten ich von Ibiza mit der Absicht, die Segelreise, die ich eigentlich schon vor fünf Jahren begonnen und wegen der damaligen Wende in Deutschland abgebrochen hatte, fortzusetzen. Von Ende Oktober 89 bis 20.12.89 hatte ich MANA von Bremerhaven nach Ibiza überführt. Nach einem kurzen Deutschlandaufenthalt segelte ich dann von April bis Ende Oktober 90 im Mittelmeer (Balearen und Korsika). Im Oktober 1990, ich befand mich auf dem Weg von Korsika zu den Kanarischen Insel, um dort die Atlantiküberquerung zu starten, erreichte mich ein interessantes Angebot am Aufbau Ost mitzuwirken. So kam es, daß ich MANA für 4 Jahre in Ibiza festmachte und in Dresden die Sächsische Zeitung, die drittgrößte Abonnementzeitung Deutschlands, aufbaute. Als das Werk gelungen war, entschloß ich mich, nun doch noch meinen Traum zu erfüllen. Ute kam einen Tag später am Spanischen Festland, in Cabo Palos, aufs Schiff.

 

Bis Gibraltar hatten wir eine sehr anstrengende Segelreise. Nie unter 6, sehr oft fast 8 Windstärken, und wie sollte es im Mittelmeer anders sein, ständig gegenan. Außerdem hatte ich einige Probleme mit MANA. Die lange Liegezeit hatte zu vielen Mängel geführt, die erst unter Belastung zu Tage traten. Deshalb gab es auch lange Hafenaufenthalte und wir erreichten Gibraltar erst am 12.11.94. Hier wurden dann die restlichen Reparaturen erledigt und es ging über Tanger nach Las Palmas. Tanger ist zwar eine interessante Stadt, gute Erinnerungen haben wir aber trotzdem nicht. Der Zoll hatte uns alles vermiest. Schon bei der Einklarierung gab es eine dreißigminütige unsystematische Durchsuchung, es sah nur nach Beschäftigungstherapie aus, Drogen hätte der Beamte so nicht finden können. Beim Ausklarieren kamen sechs (!) Beamte an Bord und das Spiel wiederholte sich. Diesmal allerdings für eineinhalb Stunden. Sie waren sehr freundlich und versicherten immer wieder, sie würden nur ihre Pflicht tun und Yachten wären in Tanger sehr willkommen..... In Gibraltar konnten wir den ungenierten Schmuggelverkehr mit Tanger beobachtet (schnelle Schlauchboote fahren auch tagsüber Zigaretten nach Marokko und Drogen zurück), darum sollten sich der Zoll kümmern, und nicht um harmlose Yachties.

 

Die ersten 5 Stunden nach Tanger hatten wir herrliches Segelwetter. Wunderbar, wenn es bis Las Palmas so weitergehen würde. Dann war der Wind plötzlich weg und blieb weg bis Las Palmas! Die gesamte Strecke sind wir bei fast spiegelglatter See unter Motor gefahren. Am 28.11. trafen wir in Las Palmas ein und gingen in die Muelle Deportivo längsseits an einen Schwimmsteg. Kaum festgemacht, kam die berühmte tägliche „big weave“, von der wir damals allerdings noch nichts wußten. Nur mit Mühe konnten wir einen größeren Schaden verhindern. Der Yachthafen ist ja insgesamt als sehr unruhig bekannt. Bei der „big weave“ schwanken die festgemachten Yachten manchmal um mehr als 30 Grad. Aber nicht im Gleichklang. Deshalb gilt es darauf zu achten, daß das Rigg zu den Nachbarschiffen nicht auf gleicher Höhe ist. Ganz ruhig liegt man an der hohen Mole. Die Besatzung kleinerer Schiffe hat dort aber bei Ebbe große Schwierigkeiten an Land zu kommen.

 

Wir haben Las Palmas sehr gut kennengelernt, denn ich hatte mir an Land den Knöchel gebrochen und so hatten wir einen insgesamt fünfwöchigen Aufenthalt. In Las Palmas kann man gut einkaufen und viel unternehmen. Der preiswerte Supermarkt „Cruz Mayor“ in der Nähe des Hafens liefert Einkäufe ab 5000 Peseten bis zur Yacht an. Auch Bier und Wein kann man zu günstigen Preisen bunkern (Dosenbier für 49 Peseten!) und das Kaufhaus „El Corte Ingles“ (relativ teuer) ist bestens sortiert. Standard-Yachtzubehör bekommt man in vielen Geschäften. So z.B. bei „Nauti-Sport“ in der Luis Antionez, wo man auch ein gutes Sortiment Angelzubehör findet. In der gleichen Straße gibt es auch eine Filiale von „Alcorde“. Besser geht man aber ins Hauptgeschäft in der Juan Rejon in Nähe der Muelle de La Luz. In der Italia Nr.49 bei „Senautic“ fanden wir kompetente und hilfsbereite Inhaber, die auch weiterhelfen, wenn das eigene Sortiment nicht ausreicht. Einen sehr gut sortierten Eisenhandel fanden wir in Nähe des Parks „Santa Catalina“ in der General Vives gegenüber vom „La Coste-Shop“. Gute Elektronikläden gibt es in der Gegend von „Nauti-Sport“. „Inoxnaval“ ist mit Niroteilen erstklassig sortiert, und Niro-Maßanfertigungen macht „Feroher“, beide befinden sich im Industriegebiet hinter der Muelle de La Luz am Ende der Stadtautobahn. Fährt man die GC1 Richtung Airport, sieht man auf der linken Seite, etwa 5 km außerhalb Las Palmas (auf „Ikea“ achten), einen erstklassig ausgestatteten und auf Diesel spezialisierten Bosch-Dienst. Im gleichen Gebiet gibt es viele Läden mit Autozubehör und zahlreiche Holzhandlungen. Ich fand dort z.B. einen Keilriemen mit Sondermaßen für meinen Wellengenerator.

 

Der TO-Stützpunktleiter Dr. Bücking hat sich sehr um unsere Post bemüht und wo es ging geholfen. Ersatzteilsendungen aus Deutschland sind möglich, aber mit unterschiedlichem Aufwand aus dem Zoll freizubekommen. Eine wertvolle Sendung hatte ich ganz problemlos und ohne Zollagenten vom Flughafen abgeholt, Eine andere EMS-Luftpostsendung (Warenwert 15 DM) bekam ich nur mittels Zollagenten, der mir 1500 Peseten dafür abnahm. Gleiches passierte allerdings dann auch mit einer weiteren Luftpostsendung am Airport. Es gibt also kein System und man muß viel Geduld aufbringen. Von EG keine Spur. Wer sich in Las Palmas einen Leihwagen holt, sollte dort NIE etwas drinnen lassen. Uns wurde das Auto gleich zweimal an einem Tag aufgebrochen und am nächsten nochmals, immer auf ganz belebten Straßen! Ab da fuhren wir nur noch mit aufgeklappter Rückbank, damit der leere Kofferraum sichtbar war. Auf Gran Canaria haben wir uns noch die Yachthäfen Pasito Blanco und Puerto Morgan angesehen. Im letzteren würde ich nur ungern wegen der vielen Touristen liegen und in Pasito Blanco sagen sich Fuchs und Wolf Gute Nacht. Dort gibt es noch nicht mal eine Kneipe, geschweige denn einen Lebensmittelladen oder Bäckerei. Ein Leihwagen ist hier unverzichtbar. Das gilt eigentlich auch für die ziemlich weit außerhalb der Stadt liegenden Muelle Deportivo in Las Palmas. Hier kommt man aber auch mit Fahrrädern oder Bus zurecht, oder man muß sehr gut zu Fuß sein.

 

Am 7.1.95 starteten wir zur Atlantiküberquerung. Wir hatten die ursprünglich Absicht, Mitsegler an Bord zu holen, aufgegeben. Nicht mangels Gelegenheit, die hätte es reichlich gegeben. Wir wollten es zu zweit versuchen. Die ersten vier Tage waren sehr stürmisch. Wenn das so weitergeht! Ich ging sehr schnell südlich und wir segelten dann zwischen dem 15. und 14. Breitengrad gegen West. Je weiter wir sündwestlich kamen, desto schöner wurde das Wetter und der Passat wehte recht gleichmäßig zwischen 12 und 20 Knoten. Leider aber meist zu stark für den Blister. Das Schmetterlingsegeln ist uns nicht in angenehmer Erinnerung, denn das Rollen der Yacht hat uns oft stark genervt. Drei Tage vor Ankunft hatten wir für gut 48 Stunden fast Windstille und wir motorten. Sonst brauchte ich den Motor nicht, weil mein Wellengenerator ab 4,5 Knoten Fahrt ausreichend Strom lieferte. Dank meines Watermakers (Power Surviervor 80) gab es immer frisches wohlschmeckendes Trinkwasser und wir brauchten auch sonst nicht am Wasser sparen. Mein Autopilot (Timco, Dänemark) hat unter allen Kursen und Winden zuverlässig gesteuert. Die mitgenommenen Ersatzteile kamen nicht zum Einsatz. Das Radar lief fast immer nachts, oft auch tagsüber, und war auf eine 2,5 sm Alarmzone eingestellt. So waren die Wachen leicht und bei gleichmäßigen Winden konnte die Wache unbesorgt auch ein wenig schlafen. Die Belastung des Materials ist schon enorm. Tagelang die gleiche Segelstellung, da muß die Schoten- und Fallenführung wirklich einwandfrei sein. Diese Optimierung hatte uns anfangs tagelang beschäftigt. Es gab aber keinen ernsthaften Zwischenfall und die Reise war praktisch reparaturfrei. Nach 22 Tagen und 2914 sm waren wir am 29.1.95 in Barbados. Wegen der Rollerei hatte ich mehrfach Kurse gewählt, wo wir raumschots segeln konnten, deshalb die hohe sm-Zahl. Auf direktem Kurs wären wir mindestens zwei Tage früher angekommen. Nur während der ersten drei Tagen haben wir Frachtschiffe gesehen, einmal, es war am Tag und das Radar war aus, konnte ich nur im letzten Moment ausweichen. Die nächsten Schiffe sahen wir erst im Hafen von Barbados. Insgesamt war die Atlantiküberquerung ein einmaliges Erlebnis auf das wir aber trotzdem mit gemischten Gefühlen zurückblicken. Ich habe fast alle Bücher der großen Segelseereisen gelesen. Wie einfach ist es doch heute geworden. Zuverlässige Autopiloten, Radar, GPS, Elektronik, die mit den Klimabedingungen besser als früher fertig wird, Rollsegel, Stromerzeuger, Kühlschrank, Watermaker..... Eine große Ozeanpassage würde ich beim nächsten Mal nur mit einer optimaleren Vormwindbesegelung angehen, wenn überhaupt.

 

Einklarieren muß man im Tiefseehafen von Barbados, wo das Anlegen und an Land gehen schon Schwierigkeiten bereiten kann. Die Abwicklung war schnell und problemlos. Beim Ausklarieren kann man in der neuen Abfertigungshalle auch ganz gut zollfrei einkaufen. Das lohnt sich insbesondere bei Zigaretten und Bier. Im alten Hafen von Barbados liegt man mitten in der Stadt, und Trinkwasser in ausgezeichneter Qualität steht kostenlos unbegrenzt zur Verfügung. So lagen wir abwechseln in der Carliesle-Bay vor Anker oder im Stadthafen an der Pier. Auch hier Dank an die Stützpunktleiterin, Frau Lehmann, die sich auch bemühte uns Tipps zu geben. In Barbados kann man ruhig länger bleiben. Man liegt sehr gut, die Menschen sind freundlich und unaufdringlich, und es gibt gute Einkaufsmöglichkeiten.

 

Besonders dankbar muß ich noch auf die Segelkameradschaft des deutschen Großseglers „Friedjov Nansen“ hinweisen. Beim Ausklarieren war im Tiefseehafen kein Platz an der Mole frei. Die Hafenleitung wies mich über Kanal 12 an, an einem der liegenden Schiffe festzumachen. Es war sehr windig und das große Segelschiff bot sich ideal wegen seines niedrigen Freibords und der vielen Poller dafür an. Ich fuhr längsseits und fragte den Skipper, ob ich kurz zum Ausklarieren bei ihm anlegen dürfte. „Jetzt nicht, wir sind am bunkern, später gerne“, war seine Antwort, als ob mir später noch geholfen hätte. So gingen wir an eine kanadische Yacht mit einem freundlichen holländischen Skipper längsseits.

 

Am 9.2. ging es weiter nach St. Lucia. Ich ging gleich nach Vieux Fort, weil ich Ute dort gut vom Flughafen abholen konnte, denn sie blieb noch etwas in Barbados. Vieux Fort ist zwar Einklarierungshafen, aber im Hafen gibt es nur den Zoll. Die Immigration ist am Flughafen, der entweder durch eine schöne 45-minütige Wanderung oder zu 30 EC-Dollar hin und zurück mit Taxi erreichbar ist. Vielleicht ist die Einklarierung in Vieux Fort auch deshalb kostenlos, problemlos und schnell. In Vieux Fort kann man auf ca. 10 Meter, vom Schwell ziemlich unbehelligt, auf Schlick sicher ankern. Aber von den Bergen wehen starke Fallwinde. Der Hafen ist gut bewacht. Auf der Atlantikseite der Bucht gibt es traumhaft schöne Strände. Die Stadt selbst bietet nicht viel, es gibt auch kaum Tourismus, und in der Bucht liegen nur wenige Yachten

 

Die nächste Station auf St. Lucia war die Hauptstadt Castries. Auf dem Weg dorthin geht es u.a. an den berühmten Pitons und an der Marigot-Bay vorbei. Genau erkunden wollte ich diese und andere Buchten erst auf dem Rückweg, wenn es nach Süden weitergeht. So fuhr ich zwar alle diese Buchten an, ankerte aber nicht. Schon 3 sm außerhalb der Piton-Bucht kam mir ein stark motorisiertes kleines Boot mit einem Einheimischen entgegen. Man hört ja viel darüber, daß gerade in der Piton-Bucht das Geschäft mit den Yachties besonders aufdringlich betrieben wird. Die Marigot-Bay war übervoll mit Yachten. Schade, von der Idylle bleibt da nicht viel übrig. Selbst der Kanal zur eigentlichen Bay ist mit ankernden Yachten zugestellt und es bleibt nur ein schmaler Durchfahrtsweg.

 

In Castries ankert man gut direkt vor der Stadt. Ich bin von den Einkaufsmöglichkeiten angenehm überrascht. Das Beiboot kann man sehr gut vor dem Zollgebäude festmachen. Als nächstes ging es in die Rodney-Bay-Marina. Es gab noch viele freie Liegeplätze. Der dortige Yachthandel ist recht gut sortiert und man kann bei Vorlage der Schiffspapiere steuerfrei, aber doch ziemlich teuer, einkaufen. So zahlte ich für drei dringend benötigte M5-Schäkel 90 EC (54 DM). Auch sonst ist hier alles deutlich teurer als in Castries.

 

Am 25.2. verlassen wir St. Lucia mit Ziel Martinique. Die kurze Überfahrt (24 sm) war problemlos und fand bei gutem Wind und (wie immer) traumhaften Wetter statt. Jetzt liegen wir in der Grand Anse d’Arlets, kurz vor der großen Bucht von Fort de France. Hier warten wir das Wochenende ab, denn nach den mir vorliegenden Informationen kann man am Yacht-Service in Fort de France nur werktags einklarieren. Die Buch ist die bisher schönste auf der Karibikreise. Das Wasser ist sehr klar und die Landschaft sehr „karibisch“. Entgegen der Informationen aus „Segeln in der Karibik“ von Wilkensky/Jens, liegt man hier sehr geschützt und schwellfrei vor dem Strand auf sicherem Ankergrund. Jetzt werden wir Martinique erkunden und dann soll es über St. Lucia zu den Grenadines, Grenada, und später vielleicht nach Venezuela, weitergehen.

 

Ende

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